Moin mitnanner,
mein Name ist Edzard Dirks; und ich begrüße Sie hier - als 2. Vorsitzender des Vereines „Letzte Reise“ - zu Allerheiligen, an Bord der „Langeoog II“.
Mit uns an Bord, begrüße ich die Pastorin der Evangelischen Inselkirche Langeoogs, heute allerdings außerdienstlich: vielen Dank für die Unterstützung und herzlich willkommen, Jeannette Schurig.
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Sehr geehrte Verwandte, Freunde und Familien unserer Lieben, von denen wir auf See Abschied genommen haben; liebe Gleichgesinnte:
um an diesem, für uns so besonderen Ort unserer Lieben zu gedenken, die ihre letzte Ruhe auf dem Meer fanden, fahren wir heute in das Seegebiet zwischen Baltrum und Langeoog. Zurzeit markiert durch die rote Tonne 12.
Die Seebestattung verdeutlicht, wie eng der Mensch mit den Meeren verbunden ist. Sie verwandelt sich in einen symbolischen Augenblick, in dem die Begrenztheit des Lebens und die Unendlichkeit der Natur miteinander verschmelzen. Die Aschen der Verstorbenen werden vom Meer durch die Weiten der Ozeane getragen. Bei jedem Blick auf das Meer, ob in der Heimat oder in der Ferne, können wir ihnen nahe sein.
Es gibt Tage, an denen das Meer braust und wütet; und solche, an denen es spiegelglatt und ruhig ist. Aber immer ist es unermesslich weit und rätselhaft. Es spiegelt den Kreis des Lebens wieder. Geschichten über Freude und Schmerz, Hoffnung und Verlust, Liebe und Leid sind in seinen Wellen zu sehen, wie im Text eines guten Seemannsliedes aus alter Zeit.
Unsere Lieben, die auf See zur Ruhe gebracht wurden, kehrten in den ewigen Kreislauf der Natur zurück, wie das Wasser der Flüsse zum Meer strömt. Immer wieder und unaufhörlich werden wir in unserem eigenen Leben von den Erinnerungen an sie begleitet sein – wie die Wellen, die immer wieder und unaufhörlich an die Küsten treffen.
Wir erinnern heute an diejenigen, die zwar nicht mehr bei uns sind, aber deren Anwesenheit wir immer fühlen. Besonders hier, am Meer; unabhängig davon, ob der Wind nur sanft weht oder mit steifer Brise weiße Schaumkronen auf dem Wasser hervorbringt, wie heute ...
... Erinnerungen an all die Momente, die wir mit unseren Lieben teilen durften – ob wir die Sterne in klarer Nacht über dem Meer sehen, oder das sagenhafte Meeresleuchten in magischen Momenten vergessene Erinnerungen an gemeinsam Erlebtes hervorruft ...
... mögen sie in Frieden ruhen, geborgen und im Schutz des Meeres.
Wir begeben uns nun also in die See zwischen Baltrum und Langeoog, wo unsere Lieben beigesetzt sind. Dort angekommen, gehen wir zum gemeinsamen Gedenken in den Außenbereich des Schiffes, wo deren Namen verlesen werden.
Nach jedem genannten Bestattungsjahr läuten wir die Glocke außenschiffs mit einem Doppelschlag ... zwei Glasen; ... acht Glasen - der viermalige Doppelschlag, der in der Seefahrt sowohl für das Ende einer Wache als auch symbolisch für den Übergang vom irdischen Leben zum Tod steht, erklingen nach dem Verlesen aller Namen.
Anschließend umkreist das Schiff, die Langeoog II, noch dreimal den Beisetzungsort, bevor es mit mit einem letzten Gruß, dem langen Signal des Schiffshornes, auf Kurs zurück zu seinem Heimathafen geht.
Nun meint es der sonst so „Blanke Hans“ heute also einigermaßen gut mit uns und das Meer ist uns gewogen.
Es bleibt mir nun noch, den Kapitän des kürzlich vor Helgoland mit Motorschaden treibenden Butterfahrt-Dampfers „Funny Girl“ zu zitieren. Der sagte über die Bordlautsprecher durch: „Liebe Fahrgäste, wir dümpeln hier nun zwar herum, aber keine Sorge, es ist genug Proviant an Bord!“
Solch eine Havarie ausgeschlossen, setze ich allerdings größtes Vertrauen in die Besatzung der „Langeoog II“ und deren Seemannschaft: Herzlichen Dank an Kapitän Ailko Janssen und seine Crew.
Herzlichen Dank auch an die ungenannten Spender, die diese Fahrt für uns alle ermöglichten. Auch dafür vielen Dank im Namen unseres Vereines „Letze Reise“.
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Abschließend hoffe ich nun, dass meine Worte ein wenig den Schwermut nehmen und dafür etwas Wohlgemut bringen konnten; ein leicht wohliges Gefühl vielleicht; denn schließlich fahren wir dorthin, wo man sich wiedersieht.
In diesem Sinne, liebe Gleichgesinnte: schön, dass Sie alle hier sind.
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